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Arsen
Arsen gehört zu den Halbmetallen, da es je nach Modifikation metallische oder nichtmetallische Eigenschaften zeigt. Es wird bei der Verhüttung von Erzen, in Holzschutzmitteln, in Pestiziden, in Anti-Algenmitteln und Herbiziden für Telefonmasten sowie als Baumwoll-Trocknungsmittel verwendet. Arsen wurde und wird auch in der Medizin therapeutisch eingesetzt.
1. Geschichte des Arsens
Seit langer Zeit ist Arsen als tödliches Gift bekannt. Dennoch wurde im 18. Jahrhundert ein grüner Farbstoff Schweinfurter grün
(auch genannt: Paris grün) entwickelt, bestehend aus Arsen und Kupfer, der in Gebrauchsgegenständen, Tapeten, später auch als Pflanzenschutzmittel gegen Kartoffelkäfer verwendet wurde. Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden noch weitere arsenhaltige Pflanzengifte wie Bleiarsenat entwickelt, die an Apfelbäumen eingesetzt wurden. Toxische Arsen-Dämpfe wurden ständig eingeatmet. In der Medizin wurden Arsen-Präparate gegen ein großes Spektrum von Leiden eingesetzt ‒ Kopfschmerzen, Ekzeme, Psoriasis, Asthma, Keuchhusten, Bronchitis, Krebs und viele andere.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts galt Quecksilber als einzige Therapie gegen Syphilis. Paul Ehrlich und Sahachiro Hata entwickelten Salvarsan als eines der ersten Medikamente mit antibiotischer Wirkung; der Name bedeutet heilendes Arsen
. Es wurde nicht nur gegen die Syphilis, sondern auch gegen Framboesie, Rückfallfieber und andere Spirochaeteninfektionen eingesetzt. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Salvarsan durch Antibiotika wie Penicillin abgelöst.
2. Giftbelastung
Die gesundheitliche Belastung (Exposition) des Menschen mit Arsen kann aus verschiedenen Quelle stammen.- Wegen der intensiven Nutzung des Gifts in Industrie und Landwirtschaft kann Arsen in das Trinkwasser gelangen. Arsen wird in der Glas- und Keramikproduktion, beim Schmelzen von Metallen und bei der Produktion von Insektiziden, Fungiziden und Herbiziden ein- bzw. freigesetzt.
- In vielen Lebensmitteln – Fisch, Fleisch, Geflügel, Getreide, Reis, Kakao/Schokolade (siehe hier) – finden sich Spuren von Arsen.
Arsen im Reis:
In der Schale bzw. Randschicht des Reiskorns sind viele wertvolle Vitamine und Mineralien enthalten. Leider reichert sich Arsen hauptsächlich in diesen Randschichten an. Deshalb enthält ungeschälter Vollkornreis bzw. Naturreis in der Regel mehr Arsen als geschälter Reis. Besonders vorsichtig sollte man bei Kindernahrung sein, da Kinder eine geringere Entgiftungsfähigkeit haben. Das Arsen im Reis kann mit reichlich Wasser zu einem großen Anteil ausgespült werden; man kocht den Reis mit mehr Wasser, als eigentlich nötig ist, und gießt das überschüssige Kochwasser anschließend weg.- foodwatch: Arsen in Reis: Was Sie wissen müssen
- Katrin Lammers, Live Smarter: Belasteter Reis: Arsen unschädlich machen (16.1.2024)
- Stiftung Warentest: Vollkornreis im Schadstoff-Check – Oft voll gut (28.5.2024)
- Consumer Reports: Arsenic in your food (11.2012)
- Baby Food for Thought: How Safe is Rice Cereal? (5.2016)
- Zigarettenrauch schädigt Aktiv- wie Passivraucher.
- Arsen in der Medizin
- Medikamente in der Krebstherapie können Arsen-Verbindungen enthalten.
- Ärzteblatt: Promyelozytenleukämie: Arsen kann (manchmal) Chemotherapie ersetzen (11.7.2013)
- Focus: Arsen vergiftet Tumorzellen (2.3.2016)
- Anfang des 20. Jahrhunderts wurde im Labor von Paul Ehrlich Salvarsan (Arsphenamin) entwickelt, das Arsen enthält und gegen Syphilis eingesetzt wurde.
- Medikamente in der Krebstherapie können Arsen-Verbindungen enthalten.
3. Wirkung, Symptome
Arsen und seine Verbindungen- werden über die Atemwege, den Magen-Darm-Trakt und die Haut in den Körper aufgenommen,
- schädigen das periphere Nervensystem,
- verursachen Verwirrung, Lern-Behinderung und Erregung,
- beeinträchtigen die geistige Entwicklung, Intelligenz und Gedächtnis, besonders bei Kindern,
- sind hormonstörend,
- blockieren die Glutathion-Produktion und dadurch die körpereigene Entgiftung; oxidativer Stress wird verstärkt und die Belastung mit anderen Giften gesteigert;
- schädigen Nieren und Bauchspeicheldrüse,
- verursachen Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes und Krebs.
3.1 Toxikologie von Arsen
- Eine Einführung in die Toxikologie des Arsens, auch hier
aus: Eine kleine Dosis Toxikologie - brand eins - Ökonomie der Elemente: Arsen (As)
- ATSDR, USA: Arsenic Toxicity
- David J. Thomas: Unraveling Arsenic ‒ Glutathione Connections (12.2008)
Darstellung des Zusammenhangs von Arsen und Glutathion. Aus Untersuchungen an Drosophila (Taufliegen) ergibt sich, dass die Arsen-Entgiftung stark von Glutathion abhängt. Ein Problem entsteht, wenn genetisch bedingt ein Mangel an Glutathion-Synthetase entsteht, so dass zu wenig Glutathion gebildet wird. Dann steht zu wenig Glutathion für die Verstoffwechselung und Ausscheidung von Arsen zur Verfügung.
- Han YH, Moon HJ, You BR, Kim SZ, Kim SH, Park WH:
Effects of arsenic trioxide on cell death, reactive oxygen species and glutathione levels in different cell types, auch hier (1.2010)Arsen verursacht oxidativen Stress, beeinflusst in schädlicher Weise Wachstum und Zelltod (Apoptose). Die Untersuchung fand an mehreren Zelltypen statt.
- Diese Bergbewohner sind immun gegen Arsen (3.2015)
Bei Bergbewohnern in den Anden wurde gefunden, dass sie über die Genvariante AS3MT verfügen, deshalb Arsen besonders gut entgiften können und nicht erkranken, obwohl ihr Trinkwasser viel Arsen enthält.
3.2 Gesundheitliche Schäden
- US-Behörde für geologische Studien:
Study Estimates about 2.1 Million People using Wells High in Arsenic (10.2017)
Kommentar: Arsenic found in water consumed by tens of thousands of Americans can change the structure of the heart - raising the risk of heart attacks and strokes, study findsIn USA sind 2,1 Mio. Menschen durch zu viel Arsen aus privaten Brunnen gefährdet. Arsen verursacht Herz-Erkrankungen und schädigt das Herz-Kreislauf-System.
- C O Abernathy, Y P Liu, D Longfellow, H V Aposhian, B Beck, B Fowler, R Goyer, R Menzer, T Rossman, C Thompson, and M Waalkes:
Arsenic: health effects, mechanisms of actions, and research issues (7.1999)Auf einer Konferenz wird das - damals noch dürftige - Wissen zu Arsen und die Kritik an mangelnder Forschung diskutiert. Es wird beschrieben, wie Arsen Krebs verursacht.
- David Otto, Linlin He, Yanhong Xia, Yajuan Li, Kegong Wu, Zhixiong Ning, Baixiao Zhao, H. Kenneth Hudnell, Richard Kwok, Judy Mumford, Andrew Geller and Timothy Wade:
Neurosensory effects of chronic exposure to arsenic via drinking water in Inner Mongolia: II. Vibrotactile and visual function (2006)Arsen im Trinkwasser schädigt die Fähigkeit, Vibrationen über die Haut wahrzunehmen.
- Kirkley AG, Carmean CM, Ruiz D, Ye H, Regnier SM, Poudel A, Hara M, Kamau W, Johnson DN, Roberts AA, Parsons PJ, Seino S, Sargis RM:
Arsenic exposure induces glucose intolerance and alters global energy metabolism, auch hier: _1_ _2_ (11.2017)
Kommentar: Arsenic-tainted drinking water may increase diabetes riskTierversuch (Mäuse): Arsen in Trinkwasser schädigt die Insulin-Produktion in der Bauchspeicheldrüse. Anders als bei Diabetes Typ 1 werden die insulinproduzierenden Beta-Zellen nicht zerstört, sondern es wird nur ihre Funktion blockiert (Hormonstörung).
- Yu-Wei Chang, Kamaleshwar P. Singh:
Arsenic induces fibrogenic changes in human kidney epithelial cells potentially through epigenetic alterations in DNA methylation (4.2019)
Kommentar: Even Low Levels of Arsenic Can Cause Kidney DiseaseAuch niedrige Arsen-Belastung (10 ppb), über einen langen Zeitraum, verursacht chronische Nierenschäden bis hin zum Nierenversagen. Bei Nierenfibrose sind die Nieren nicht mehr in der Lage, Gifte aus dem Blut zu filtern.
- Danielle N. Medgyesi, Komal Bangia, Emma S. Spielfogel, Jared A. Fisher, Jessica M. Madrigal, Rena R. Jones, Mary H. Ward, James V. Lacey Jr., and Tiffany R. Sanchez:
Long-Term Exposure to Arsenic in Community Water Supplies and Risk of Cardiovascular Disease among Women in the California Teachers Study (23.10.2024)Bei lang andauernder Arsen-Belastung, etwa aus der Wasserleitung, entsteht ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten.
3.3 Hormonelle Wirkungen
- Jennifer C. Davey, Athena P. Nomikos, Manida Wungjiranirun, Jenna R. Sherman, Liam Ingram, Cavus Batki, Jean P. Lariviere, and Joshua W. Hamilton:
Arsenic as an Endocrine Disruptor: Arsenic Disrupts Retinoic Acid Receptor-and Thyroid Hormone Receptor-Mediated Gene Regulation and Thyroid Hormone-Mediated Amphibian Tail Metamorphosis (2.2008)(Tierversuch, Amphibien) Studie zur Wirkung von Arsen auf die Hormone. Arsen schädigt die Hormone in niedrigen Konzentrationen, indem die Steroid-Signalübertragung auf der Ebene der rezeptorvermittelten Genregulation für alle fünf Steroidrezeptoren verändert wird. Ähnliche Wirkungen gibt es auch für den Retinsäure-Rezeptor und den Schilddrüsenhormon-Rezeptor. Das hat schädliche Auswirkungen auf die normale Entwicklung des Menschen und kann zu vielen Krankheitsprozessen führen.
4. Therapie
- Ausleitung von Schwermetallen
- gute Versorgung mit Vitalstoffen und Ernährung reich an Flavonoiden (sekundäre Pflanzenstoffe).
- Gift-Ausleitung durch Chelattherapie mit dem Chelat-Bildner Dimercaptopropansulfonsäure (DMPS),
Weitere Informationen
- Grant Quiller, Ángel Mérida-Ortega, Stephen J. Rothenberg, Mariano E. Cebrián, A. Jay Gandolfi, Francisco Franco-Marina, Lizbeth López-Carrillo:
Dietary flavonoids improve urinary arsenic elimination among Mexican women (7.2018)Flavonoide steigern die Glutathion-Aktivität und spielen eine Schlüsselrolle bei der Arsen-Entgiftung.